Was will Gott uns durch die Corona-Krise sagen?

Ich bin zur Überzeugung gekommen, dass es nicht viel bringt, nach den Ursachen zu fragen. Ist es von Menschen gemacht? Kommt es vom Teufel? Also müssen wir nicht fragen: Wo kommt es her, sondern wo führt es hin, wozu ist es gut? Der Heilige Paulus schreibt im Römerbrief: „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alles zum Guten gereicht“ (Rom 8,28), und etwas später im selben Kapitel: “ Weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges noch Gewalten, weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.“

Ich sehe eine Antwort: wir sollen uns als Menschheit mehr auf das Wesentliche konzentrieren: menschliche Gemeinschaft in Liebe statt Egoismus, mehr Ruhe statt dem ständigen Aktiv-Sein in der Angst, uns könnte etwas entgehen. Aber auch, und das nicht zuletzt: Mehr Gottvertrauen. Mehr Besinnung auf Gott, mehr Gebet.

Jeder wirkt nun an seinem Platz, ob es in der Familie ist oder am Arbeitsplatz, in der Pflege oder in der Politik. Ich wirke in der Kirche und in der Gesellschaft, d.h. meine Aufgabe ist es, in meinem Lebensbereich die Impulse ernst zu nehmen, die Gott uns durch die Krise schickt. Ich will den Menschen helfen, mehr Gottvertrauen zu gewinnen. Ich will Jesus zu den Menschen bringen in einer Zeit, in der wir uns nicht in den Kirchen versammeln können. Andere engagieren sich in ihren Bereichen, und alles zusammen ist wichtig.

Ich sehe schon gute Früchte im Selfkant, und dafür bin ich dankbar, ja darauf bin ich auch ein wenig stolz. Wir haben auf die Herausforderung reagiert. Alle meine Bestrebungen, in diesen Tagen das Gottvertrauen zu fördern, werden im Selfkant positiv aufgegriffen. Es gibt keine Konkurrenz mehr zwischen charismatisch oder traditionell, modern oder konservativ. Wir alle suchen einfach das Angesicht Gottes. Bei den Online Gottesdiensten gelingt es vielen, sich tief in die Messe und vor allem in die Anbetung einzulassen. Vielleicht sind manche dabei, die sich nicht zur Kirche aufgemacht hätten, wenn man sie werktags zu einer Messe oder sogar zu einer Anbetung eingeladen hätte.

Viele Menschen übernehmen Gebetsstunden beim 24/7 Gebet. Ich vermute, da sind auch manche dabei, die, wenn man ihnen das vor einem Jahr vorausgesagt hätte, das damals sehr verwundert hätte. In der Öffentlichkeit beten wir bei den eucharistischen Prozessionen, keine einzige Äußerung von Spott oder Ablehnung, im Gegenteil: großer Respekt, Kerzen werden aufgestellt und sogar Fahnen werden herausgehängt. Menschen stehen am Straßenrand, sind innerlich ergriffen und angesprochen, auch viele, die man nicht zu den regelmäßigen Kirchgängern zählt. Menschen sind religiös offener. Das heißt, wir haben die Herausforderung angenommen. Wir haben Gott wieder mehr hineingenommen in unser öffentliches und privates Leben. Und jetzt sehen wir sogar, dass uns die Krise bisher nicht so hart getroffen hat, wie es hätte sein können, und wie wir es ehrlich gesagt auch befürchtet hatten. Ist das schon ein Zeichen der Zuwendung Gottes? Wer Augen hat zu sehen, der sehe, sagte Jesus früher einmal.

Ich will unter all dem nicht das große Leid verschweigen, das auch viele Menschen im Moment betrifft. Ich denke an die Kranken, an die Menschen in den Pflegeheimen, aber auch an die vielen Einsamen. Sicher gibt es sehr viel Leid, das durch die Krise verursacht ist. Aber die Hinwendung zu Gott ist eine große Ressource. Mir wird immer mehr klar: Bei Gott ist der einzig sichere Platz. Wenn man bei ihm Zuflucht nimmt, dann kann kommen was will. Sogar, wenn man krank werden und sterben sollte, wäre man in den Armen Gottes immer noch beschützt. Was kann uns trennen von der Liebe Christi, schreibt Paulus.

Ich kann mir nur wünschen: Bleiben wir auf diesem Weg! Kehren wir nicht zur früheren Hektik zurück! Bewahren wir uns etwas von dieser Besinnlichkeit, von dieser Hinwendung zu Gott, und lassen wir Gott auch diesen Platz im öffentlichen Leben, den wir ihm in den letzten Tagen eingeräumt haben!

Ihr Pastor Roland Bohnen